
Klänge von Kazua Nagaya bei Iris van Herpen (Foto: Hendrik Ballhausen).
Auch wenn in Frankreich gerade der Fußball regiert, gibt es noch ein paar (wenige) andere Gesprächsthemen. Bis gestern liefen in Paris die Haute-Couture-Schauen für Herbst/Winter 2016/17 und sorgten unter uns Besuchern für einige Diskussionen. Ob die Valentino-Designerin Maria Grazia Chiuri (bisher mit ihrem Kollegen Pierpaolo Piccioli ein unschlagbares Team) als Chefdesignerin zu Dior wechselt etwa, oder ob die arg ramponiert aussehenden Bandmitglieder von Metallica wirklich gute Werbemodels für die Herrenmarke Brioni darstellen. Beides ist noch nicht entschieden, aber immerhin wurde heute bekannt, dass Chiuri bei Valentino aussteigt. Alles deutet bei ihr tatsächlich auf einen Wechsel zu Dior hin. Schade! Mein persönliches Highlight des Spektakels war aber nicht Valentino oder die tolle Chanel-Schau mit den Näherinnen auf der Bühne, sondern die ätherische Präsentation von Iris van Herpen in einer Kirche.




Vier Tage Fashion-Week in der Hauptstadt heißt für Modeleute vor allem rennen – die Standorte der verschiedenen Messen und Schauenlocations sind gut verteilt. Wie schön, dass man trotzdem manchmal noch Zeit zum Staunen hat. Über die wunderschönen Entwürfe meiner derzeitigen Nachwuchs-Favoritin Nobieh Talaei zum Beispiel mit ihrem fast gleichnamigen Label „Nobi Talai“. Sie zeigte (neben ihren Entwürfen für das kommende Frühjahr im Vogue-Salon) Recycling-Couture in der US-Botschaft. Der sympathische US-Botschafter John B. Emerson und seine Frau Kimberley hatten rund 250 Gäste in Zusammenarbeit mit der Vogue und dem Fashion Council Germany zu einer Veranstaltung „Sustainability & Style“ eingeladen.
Kürzlich schrieb mir eine entfernte Bekannte ein paar Zeilen über ein neues Handtaschenlabel: Shwetha. Sie hatte dies zusammen mit einer aus Indien stammenden Freundin gegründet, und zunächst war ich etwas skeptisch. Es gibt ja immer mal wieder irgendwelche neuen Handtaschenmarken auf dem Markt, die dann auch schnell wieder verschwinden. Hier aber war ich dann doch beeindruckt. Ein toller Stil – irgendwo zwischen Bohemién, Eleganz und Sportlichkeit – neu und ungewohnt. Shwetha Ringel und Sandra Breede, zwei junge kosmopolitisch denkende und lebende Düsseldorferinnen, mixen moderne Formen mit tradtionellen Mustern. Stoffe und Stickereien stammen aus verschiedenen Regionen Indiens und greifen alte Handwerkstraditonen auf. 


Zum Niederknien schön sind die Wildkatzenzeichnungen des Naturforschers und Künstlers Robert Dallet (1926-2006). Filigran, in wunderbaren Farben, lebendig und dabei hochkünstlerisch – allein die Einladungskarte zu einer Ausstellung seiner Werke in München lag deswegen wochenlang in prominenter Position auf meinem Schreibtisch. Zur Eröffnung konnte ich dann leider nicht reisen. Die Schau „Stark und verletzlich“ im Schloss Nymphenburg wurde organisiert vom Pariser Luxushaus Hermès in Partnerschaft mit der Wildkatzen-Schutzorganisation Panthera. Sie zeigt die Schönheit der Großkatzen, Lepoard, Löwe, Puma oder Jaguar, und soll auf die Gefährdung dieser Arten aufmerksam machen. Zugleich ist sie eine Art Hommage an den bis heute ziemlich unbekannten Robert Dallet, einem Naturalisten, der Tierillustrationen mit fast wissenschaftlicher Genauigkeit fertigte. 

Die Grenzen unserer Alltagstätigkeiten verschwimmen immer mehr – und dafür brauchen wir schöne, bequeme, aber zugleich funktionale Kleidung. Das bieten viele Labels inzwischen an. Das Ganze dann aber auch in hochwertig und nachhaltig zu buchstabieren, schaffen bisher nur wenige. In diese Lücke stößt die junge deutsche Marke Aeance. Sie ist erst seit etwa einem halben Jahr am Markt und hatte schon Veröffentlichungen in der deutschen und der italienischen Vogue, in Madame, Harper’s Bazaar, der französischen Elle und allen möglichen anderen internationalen Hochklasse-Publikationen. Unbedingt wissen wollte ich daher, ob das nur daran liegt, dass die beiden Gründer Arendt van Deyk und Nadine-Isabelle Beier jahrelang hochprofessionell im Marketing gearbeitet haben. Oder daran, dass beide auch viel von Sport verstehen und die Sachen wirklich topp sind. Ich habe mir daher ein paar Stücke aus der insgesamt 19teiligen Kollektion bestellt und sie getestet. 
Langsam wird es Zeit, an die Lektüre für die großen Ferien zu denken. Wie schön ist es doch, Bücher dafür in Zimmerecken zu stapeln, sie dann wieder auszusortieren und noch einmal zu stapeln, um später mit drei, vier oder fünf Exemplaren glücklich in die Sommerfrische abzudampfen. Esther Freuds neues Buch „Mein Jahr mit Mr Mac“ kann man eigentlich gleich in die Endauswahl legen. Es ist ein richtiger „Schmöker-Band“ für lange Nachmittage am Meer mit wunderbar gelungenen Personen- und Naturbeschreibungen, packend, poetisch, traurig und fröhlich – und nebenbei lernt man auch noch etwas. Ich zumindest kannte vor der Lektüre die Geschichte des britischen „Art-Nouveau“-Architekten Charles Rennie Mackintosh (1868-1928) nicht wirklich. Er ist der mysteriöse Mr. Mac aus dem Titel. Mackintosh entwarf zum Beispiel die heute noch berühmte Glasgow School of Arts (das Beitragsbild zeigt ein Fenster aus dem Gebäude). 



