Mein Herz machte einen frohen Sprung, als mir kürzlich jemand sagte, ich könne gut zuhören. „Gut und bis zu Ende….“ Wow! Gerade ich, Vielrednerin und Schnell- oder auch Hastigdenkerin. Ich diskutiere gerne, unterbreche dann die anderen, das Ganze untermalt von beredten Gesten. Schließlich habe ich eine prägende Zeit meines Lebens in Italien verbracht. Und ich liebe lebhafte Unterhaltungen. Aber ich hatte mir vor einiger Zeit mehr Aufmerksamkeit vorgenommen. Auch Zugewandtheit und eben den Versuch, bis zu Ende zuzuhören. Ohne mir gleich ein Urteil zu bilden. Seltsamerweise hat es funktioniert. Und ich musste feststellen: Richtig zuhören bereichert ungemein. Es bringt Klarheit, Beruhigung und gleichzeitig viel Inspiration ins eigene Leben.

Ich kenne einige Menschen, die sehr gut zuhören können. Mein Mann zum Beispiel. Meine Tochter auch. Oder meine beste Freundin. Eine Bekannte von mir, die als Heilerin arbeitet. Meine italienische Kindheitsfreundin… Wenn ich darüber nachdenke, fallen mir immer mehr Menschen ein. Und ich schätze sie besonders wegen dieser Gabe. Sie alle haben auch interessante Geschichten zu erzählen. Halten es aber nicht für nötig, sich permanent mit diesen darzustellen. Wir denken oft, dass wir dann besonders liebenswert sind, wenn wir möglichst bunt und viel von uns berichten. Zumindest für mich gilt das. Aber es stimmt einfach nicht. Zuhören schafft eine tiefe und enge Verbindung zu den anderen. Und ist eigentlich oft viel interessanter als selbst zu reden. Die eigenen Stories kenne ich ja schon. Im Grunde führt es zu gähnender Langeweile, diese immer zu wiederholen.

Zum Zuhören gehört ein Innehalten. Um auf Empfang zu gehen, muss man erst einmal in eine Art Ruhezustand kommen. Das hört sich aber schwerer an als es ist. Manchmal reicht ein einfacher Merksatz, um aus der Alltagshektik den „Sprung“ in diesen Zustand zu wagen. Bei mir war das seltsamerweise der Titel einer Kleiderkollektion (ich bin nun einmal Modejournalistin, und daher kreisen so einige Designer und Entwürfe stets in meinem Kopf). Die italienische Designerin Elsa Schiaparelli benannte ihre Entwürfe für den Sommer 1935 „Stop, Look and Listen“. Sie wollte damit Aufmerksamkeit für ihre spektakulären Kleider erzeugen. Aber „Stop, Look and Listen“ ist auch ohne Laufsteg ein großartiges Motto. Innehalten, Hinsehen, Zuhören. Wenn ich wieder auf Dauersendung gehe, reicht dieser Satz, der ebenfalls nun permanent in meinem Kopf kreist. Ich hoffe, ich kann ihn dort noch eine Weile halten. Ein stilles Wasser werde ich trotzdem wohl nie (Beitragsbild: Stocksy).