„Sieben Wochen ohne Shopping“, das hatte ich mir für die Fastenzeit vorgenommen. Für Modeleute wie mich ist das tatsächlich eine Art „Detox Programm“. Schließlich sind wir permanent mit neuen Styles konfrontiert, bekommen täglich Emails über irgendwelche „Must Haves“ und glauben am Ende selbst mehr an das Muss als an das Schon-Haben. Die „Sieben Wochen Ohne“ (bzw. 40 Tage) gehen morgen in die letzte Runde, und ich habe mich bisher ziemlich streng an meine Vorgaben gehalten (bis auf eine Wollstrumpfhose vor drei Wochen, aber das zählt irgendwie nicht). Gefehlt hat mir … nichts. Im Gegenteil: Ich habe weniger Zeit als sonst mit Kollektionsfotos am Bildschirm verbracht, ich habe meine Garderobe durchforstet, Kleider zum Ausbessern, Länger-, Kürzer-, Schmaler- oder Weitermachen gebracht, einige wenige Stücke in die Reinigung gegeben, andere gewaschen, entfusselt oder aussortiert.

Im Kellerschrank bin ich auf ein Paar wunderschöne graue Stiefeletten von Dries van Noten gestoßen, die ich sofort reaktiviert habe. Ich habe sogar angefangen, andere „Sammelstellen“ meines Daseins zu entrümpeln. Kosmetika auszusortieren und zu verschenken, Bücher zu lesen, die in irgendwelchen Stapeln vor sich hin staubten, Papiere zu ordnen, Überflüssiges zu entsorgen. Der seltsamste Effekt beim Kleiderfasten ist der, dass man sich nicht nach mehr, sondern eher nach weniger sehnt. Man realisiert, wie viel schon da ist und wie viel weniger man eigentlich braucht, als man glaubt. Schwach geworden wäre ich trotzdem beinahe, und das gleich dreimal: Das erste Mal während eines ziemlich anstrengenden Infekts, bei dem ich total elend aussah und mich nach einer modischen Aufheiterung sehnte. Aber da ich das Bett hüten musste, hätte ich eh nichts Neues anziehen können – außer vielleicht einem neuen Schlafanzug, und das ist nun wirklich nicht so mitreißend. Das beiden anderen Male war stundenlange Stöbern auf Net-à-Porter und Mytheresa schuld. Ich suchte „prophylaktisch“ nach einem Cocktailkleid für die große Geburtstagsparty meines Mannes im April und stieß dabei auf eine wunderschöne Bluse des nachhaltigen Luxuslabels Maiyet, von der es nur noch ein einziges Stück gab – und das in meiner Größe. Es dauerte etwa 30 Minuten, bis ich mich selbst überrreden konnte, keine Ausnahme zu machen. Eine Woche später passierte mir das Gleiche noch einmal mit einem tollen A-förmigen Midirock von Marni. Auch hier war der größte Teil des Bestands schon ausverkauft. Ich blieb mit Mühe standfest. Fazit: Man sollte sich tatsächlich nicht selbst in Versuchung führen und von Seiten wie Farfetch, Matches, Net-à-Porter etc. fernhalten. Erst wenn das Dauerfeuer der Kleiderreize verstummt ist, merkt man, dass einem wirklich kaum etwas fehlt. Ich hoffe, der Effekt hält noch etwas an. Über Ostern bin ich in New York, einer meiner Lieblingsstädte und einem echten Modemekka. Ich werde mich einfach an die Faustregel der eleganten und schönen Öko-Aktivistin Livia Firth halten. Sie meint, man solle ein Kleidungsstück nur kaufen, wenn man sich sicher ist, dass man es mindestens 30mal anzieht. Damit kann man dem Kaufrausch sicher widerstehen. Und nach New York genau so weitermachen. Und an Frankieboy denken: If I can make it there, I’ll make it anywhere (Bilder: Shutterstock).

Müllberg

Link zum ersten Teil „Kleiderfasten“