Eigentlich sollte ich an diesem Wochenende auf Amrum sein – bei einem Workshop zu einem Nachhaltigkeitsprojekt. Doch da ich gesundheitlich gerade etwas angeschlagen bin, musste ich absagen. Unsere Hunde waren schon untergebracht, meine Kinder sind beide auf Reisen, mein Mann hatte Termine. Eigentlich das ideale Setting, um wegzufahren. Aber da saß ich nun zuhause und verfügte über etwas, was ich seit Wochen nicht mehr hatte. Nämlich Zeit. Und wusste erst einmal überhaupt nichts, damit anzufangen.

Saß da, starrte Löcher in die Luft, überlegte, was ich mit halber Kraft noch erledigen könnte. Aufräumen zum Beispiel oder uralte Emails erledigen. Verwarf das wieder und räumte stattdessen die Geschirrspülmaschine aus. Las dann ein bisschen Zeitung, konnte mich aber nicht konzentrieren. Der Kopf schwirrte von den vielen Aktivitäten der vergangenen Wochen. Langsam dämmerte mir, dass ich nur durch absolute Entschleunigung meinen Geist wieder frei bekommen konnte. Durch richtiges konsequentes herrliches Nichtstun. Nicht lesen, nicht meditieren, nichts sortieren, kein Yoga üben, kein Spaziergang, keine Entspannungsübungen oder Gesundheitsrituale. Stattdessen: einfach in die Wolken schauen und die Gedanken fliegen lassen. Als Kind konnte ich das wunderbar, irgendwann im Laufe des Erwachsenwerdens habe ich es regelrecht verlernt. Und auch wenn es zunächst sehr seltsam und ungewohnt, ja, regelrecht unangenehm ist, wirkt es nach einiger Zeit vollkommen. Das Schwirren im Kopf legt sich, die To-Do-Listen werden zweitrangig, und man atmet wieder auf. Vor ein paar Jahren habe ich das in dieser Hinsicht sehr erhellende Buch „In Balance leben“ von Ulrich Bauhofer gelesen. Bauhofer, ein bekannter Ayurveda Arzt, erklärt darin, dass für das richtige Gleichgewicht der sogenannte „Raum dazwischen“ entscheidend sei. Die Leere, die Pause. Erst durch sie könne Energie entstehen. Über ein paar Monate habe ich das damals auch konsequent beherzigt. Doch dann ist es leider wieder in Vergessenheit geraten. Es ist leider so: Ungefüllte Zeit nehmen wir meistens als verlorene Zeit war. Doch diese Wahrnehmung führt in die Irre. Denn: „Pausen sind Leuchttürme des Daseins“. Auf den Satz des Zeitforschers Karlheinz A. Geißler bin ich heute bei der Netz-Recherche zum Thema Müßiggang gestoßen. Pausen, meint er, weisen den Aktiven den Weg und bewahren sie davor, an den Untiefen des Daseins zu scheitern. Puh! Das schlechte Gewissen beim Nichtstun ist somit vollkommen unangebracht. Im Gegenteil: Heute fühle ich mich deutlich fitter als gestern und war schon am frühen Morgen laufen. Trotz Zeitumstellung und eine Stunde weniger Schlaf dadurch, was ich eigentlich hasse. Für Karlheinz Geißler ist übrigens auch dies gar kein Problem. Er lebt ganz ohne Uhr (Bilder: © Shutterstock).