Die Accademia di Brera in Mailand, wo Bottega Veneta im September präsentierte, Bild: Bottega Veneta.

Die Accademia di Brera in Mailand, wo Bottega Veneta im September präsentierte, Bild: Bottega Veneta.

Bottega Veneta bleibt also dabei. Heute erhielt ich eine Mail mit der Mitteilung, dass das italienische Luxushaus künftig seine Fashion Shows nicht mehr nach Geschlechtern trennen, sondern zusammenlegen werde. Somit nicht mehr zwei Schauen pro Saison, eine bei der Mailänder Herren- und eine bei der Mailänder Damenmodewoche, sondern ein Gesamt-Defilee für beide bei den Fashion Shows der Damen. Oder anders gerechnet: Statt insgesamt vier Präsentationen im Jahr gibt es nur noch zwei –  „gemischtes Doppel“ sozusagen. Das wurde in der vergangenen Saison schon so gemacht, doch erschien es da als „Jubiläums“-Ausnahme. Als besondere Inszenierung anlässlich der 15jährigen Zusammenarbeit mit dem großartigen Kreativdirektor der Marke, dem Deutschen Thomas Maier. „Na und?“, könnte man jetzt fragen. So eine Nachricht ist auf den ersten Blick gar nicht spektakulär. Doch für die Modeszene heißt das viel. Irgendwie scheinen sich die ganzen alten Strukturen, mit denen wir jahrzehntelang gelebt haben, gerade aufzulösen. Und wahrscheinlich ist das auch notwendig.

 

Feminine Herren von Gucci auf dem Damenlaufsteg, Bild: Gucci.

Feminine Herren von Gucci auf dem Damenlaufsteg, Bild: Gucci.

Vor Bottega Veneta sendete Paul Smith mir und vielen anderen vor wenigen Wochen die gleiche Botschaft: Sir Pauls Herren- und Damenkleider wird man ab dem kommenden Januar fortan zusammen auf dem Runway sehen. Das Modehaus Gucci hatte schon im vergangenen April verkünden lassen, dass es Herren- und Damenkollektionen ab 2017 gemeinsam zeigen wolle. Da der aktuelle Gucci-Designer Alessandro Michele eine recht androgyne Mode entwirft, die sich oft an beide Geschlechter richtet, passt das eigentlich perfekt. Zudem laufen in allen seinen Schauen eh sowohl männliche, als auch weibliche Models über den Laufsteg. Pionier dieses Gender-Crossing bei den Schauenterminen jedoch war Burberry. Die hatten schon im vergangenen Februar die Teilung in „männliche“ und „weibliche“ Shows aufgekündigt, einen gemeinsamen Termin dafür anberaumt – und dann das Ganze auch schon im vergangenen September in die Tat umgesetzt. Und daneben brach Burberry gleich noch eine weitere Lanze. Die zweimal im Jahr gezeigten Kollektionen sind nach der Präsentation – sozusagen vom Laufsteg weg – in den Läden erhältlich. Also wurde nicht nur die Trennung in Herren und Damen aufgehoben, sondern auch eine andere, in der Mode übliche. Nämlich die in eine Frühjahr/Sommer- und eine Herbst/Wintersaison.

Androgyne Damen bei Gucci auf dem Laufsteg (Foto: Gucci).

Androgyne Damen bei Gucci auf dem Laufsteg (Foto: Gucci).

Alles fließt also gerade auseinander. Und passt sich eigentlich nur der Zeit an. Wir denken nicht mehr saisonal. Wir sehen etwas und wollen dann nicht ein halbes Jahr warten, bis es in die Läden kommt. Das ist zwar schade (gerade eine Bloggerin im Zeichen von Nachhaltigkeit schmerzt dies besonders), aber vollkommen menschlich. Die Aufhebung der „Geschlechtertrennung“ finde ich hingegen sogar begrüßenswert. Sie entspricht schlicht unserer Lebenswirklichkeit. Wir gehen ja in der Regel auch in Geschäfte, die sowohl Herren-, als auch Damenmode führen. Die meisten großen Marken bieten eh beides an. Der Lebensstil, der jeweils von einem Label propagiert wird, ist zudem für Männer und Frauen ziemlich identisch. Da ist es eigentlich nur folgerichtig, dass man männliche und weibliche Entwürfe, die von einem bestimmten Markenbild inspiriert sind, zusammen zeigt. Vielleicht wird damit auch der Weg durch den Dschungel der Schauen in New York, Mailand, Paris und London leichter. Zumindest gibt es ein paar Termine weniger. Und so führt die Auflösung der alten Strukturen vielleicht gar zu neuer Übersichtlichkeit. Vive la mode! Trotz all ihrer Schattenseiten lebe die Mode, und die braucht nun einmal ab und zu frische Luft und Veränderung (Beitragsbild: Mode von Bottega Veneta, Bild: Bottega Veneta).