Ich übe seit Jahren Yoga, gehe zum Pilates-Training und laufe meine Runden. Ich liebe die Bewegung, und doch bin ich fast jeden Tag aufs Neue verspannt, besonders im Nackenbereich. Seit einiger Zeit jedoch wird das merklich besser. Und zwar, seit ich die Bewegungs-Trainerin Milena Lampasiak kennengelernt habe und regelmäßig bei ihr Unterricht nehme. Milena lehrt die geniale Alexander-Technik, und die wirkt fast wie Magie. Statt Anstrengung ist Gelöstheit die Devise. Bei richtiger Benutzung trägt der Körper sich ganz von alleine. Ohne dass wir ihn verkrampft festhalten müssen. Und das Gleiche gilt für den Geist (Foto: Stocksy).

F.M. Alexander

Frederick Matthias Alexander (1896-1955), der Begründer der Alexander-Technik, glaubte, dass wir in unserer Körperhaltung unbewusst schlechte Gewohnheiten annehmen. Die dann für viele Beschwerden verantwortlich seien. Seine Technik bietet eine praktische Anleitung, diese schädlichen Muster zu überwinden. Der Australier arbeitete in jungen Jahren als Schauspieler und Rezitator. Irgendwann versagte ihm die Stimme. Als sich seine chronische Heiserkeit nicht besserte, beobachtete er vorm Spiegel die Bewegungen seines Körpers beim Sprechen. Und korrigierte in Eigenregie bestimmte Haltungsfehler. Fazit: Seine Stimme funktionierte wieder. Aus dieser Erfahrung heraus entwickelte er seine Methode. Viele berühmte Musiker und Schauspieler (z.B. Hillary Swank, Halle Berry und Leonardo di Caprio) arbeiten mit der Alexander-Technik.

Übungsbank für die Alexander-Technik, Bild: Milena Lampasiak.

Wie funktioniert es?

Bei vielen Tätigkeiten spannt man Muskeln an, die man dafür gar nicht braucht. Das liegt zum einen an unserem sehr auf Aktivität ausgerichteten Leben, zum anderen generell an dem „Fight, Flight, Freeze“-Reflex des Menschen, der in „freier Wildbahn“ ziemlich hilfreich war, aber im modernen Leben oft eher hinderlich ist. Durch die Alexander-Technik wird man sich der unnötigen Anspannungen immer bewusster und lernt, sie loszulassen. Mit dem „Letting Go“ ist aber nicht wie bei anderen Relax-Methoden das aktive Lösen von Muskelspannung gemeint. Dadurch verkrampft man sich manchmal eher. Stattdessen lässt man zunächst ganz die Absicht los, etwas zu tun.

Praktisch umgesetzt heißt das, dass ich vor einer Aktion kurz innehalte. Zum Beispiel, wenn ich vom Stuhl aufstehen will. Ich richte mich innerlich neu aus und entscheide dann noch einmal neu, gut ausgerichtet aufzustehen. Das verhindert, dass ich mich reflexartig falsch bewege. Hört sich erstmal etwas kompliziert an, wird am Ende aber zu einer neuen, blitzschnell umsetzbaren und simplen Gewohnheit. Durch die Übung findet man auch heraus, wie das Denken mit dem Körper zusammenhängt. Die Kraft der Gedanken wird dem Körper nutzbar gemacht.

Der Unterricht

Milena Lampasiak während des Unterrichts (Bild: ML).

Die Unterrichtsstunden sind übrigens überhaupt nicht anstrengend, sondern äußerst angenehm. Mal liegt man auf dem Rücken, mal sitzt man, geht oder steht. Der Lehrer gibt kleine Impulse, führt die Bewegungen, streicht über bestimmte Körperpartien und benutzt dabei die sogenannten Direktiven. Das sind relativ simple Handlungsanweisungen wie „Meine Schultern gehen nach außen“ oder „Ich lasse meinen Nacken frei“. Fast unmerklich richtet man sich als Patient dabei auf neue, regelrecht befreiende Weise aus. Und irgendwann übernimmt man dieses Gelöstsein auch im Alltag, spannt beim Autofahren die Schultern nicht mehr unnötig an, streckt nicht mehr das Gesicht seinem Computerbildschirm entgegen und, und, und. Ziel des Ganzen ist es sogar, den Geist dadurch insgesamt zu entspannen und zielgerichteter einzusetzen. Davon bin ich allerdings noch meilenweit entfernt. Aber ich hoffe auch hier auf die geniale Alexander-Devise: „Wenn Du mit dem Falschen aufhörst, passiert das Richtige von allein.“

 

Website von Milena Lampasiak

Homepage des Alexander-Technik-Verbands Deutschland, e.V. mit Lehrerverzeichnis

Bücher zur Methode:

Patrick Macdonald: The Alexander-Technique as I See It 

Wilfred Barlow: Die Alexander-Technik